Darum sind Beschaffungs- und Einkaufsprozesse so komplex
Einkauf und Beschaffung
Warum verliert man so schnell den Überblick? Und welche Beschaffungsprozesse sollte man unbedingt im Auge haben?
Zwar scheinen Einkauf und Beschaffung in den meisten Unternehmen auf den ersten Blick logisch und simpel abzulaufen:
Angebot einholen > Ware bestellen > Ware annehmen > bezahlen. Fertig.
Die Tücke liegt jedoch oft im Detail – oder schlicht und ergreifend in der schieren Masse an Teil- und Nebenprozessen, die es zusätzlich im Auge zu behalten gilt.
Kurzum: Beschaffungsprozesse, den Einkauf oder – auf Businessdeutsch: Purchase to Pay – zu optimieren, kann in der Praxis eine komplexe Herausforderung mit enormem Einsparpotenzial sein.
Wir zeigen Ihnen heute die wichtigsten Schritte und Phasen, aus denen ein funktionierender Purchase-to-Pay-Prozess (mindestens) bestehen sollte. Und geben praktische Tipps, wie Sie und Ihre Mitarbeitenden nicht nur den operativen, sondern auch den strategischen Überblick behalten.
Den Bedarf ermitteln: Startschuss für den Beschaffungsprozess
Auslöser jedes Purchase-to-Pay-Prozesses ist ein konkreter Bedarf in einer Fachabteilung bzw. in der Produktion.
ERP-Systeme können zwar wesentlich dazu beitragen, dass benötigte Materialien rechtzeitig in der richtigen Menge und am richtigen Ort beim Unternehmen eingehen. Für eine passgenaue Bedarfsermittlung ergibt sich jedoch erst in der Gesamtschau ein realistisches Bild.
Eine enge Zusammenarbeit mit der Beschaffung (auch Einkaufsmanagement, Beschaffungsmanagement oder Procurement genannt) ist daher zwingend erforderlich.
Viele Beteiligte müssen ins Boot geholt werden.
- Produktion: Sollte Rückmeldung über ihre aktuellen und zukünftigen Kapazitäten an die Beschaffung geben.
- Vertrieb: Sollte den Einkauf optimalerweise regelmäßig über die aktuelle Auftragslage auf dem Laufenden halten. Auch, um etwaige Engpässe bereits frühzeitig in die Planung für den Einkaufsprozess übernehmen zu können.
- Marketing: Die Bedarfs- und Trendspezialisten der Marketingabteilung können hilfreiche Impulse für den Einkauf und die Beschaffung liefern, auch in Bezug auf Wettbewerbsinformationen.
Zugegeben: einen stetigen Informations- und Warnhinweis-Fluss aufzubauen und zu pflegen, erfordert erfahrungsgemäß viele zeitraubende Besprechungen. Muss er aber nicht (immer). Später aber mehr dazu!
Wenn der Beschaffungsprozess schon zu Beginn holpert…
In der Realität des Arbeitsalltags zeigt sich zudem häufig, dass rein “auf dem Reißbrett” geplante Prozesse nicht immer das halten, was sie in der Theorie versprechen.
Manche Abläufe funktionieren leider nur im Idealfall gut, aber nicht mehr dann, wenn es beispielsweise schnell gehen muss oder etwas Unvorhergesehenes passiert.
Ein Beispiel: Bedarfe mehrerer Abteilungen werden sinnvollerweise in einer Bestellung zusammengefasst.
Passiert das allerdings ungeordnet und auf verschiedenen Wegen, beispielsweise per E‑Mail, Telefon, vielleicht auf einem Post-it oder sogar per Zuruf auf dem Gang, wird die eigentlich gut gemeinte Prozessoptimierung schnell zum zeitaufwändigen und fehleranfälligen Effizienzfresser.
Wer hat noch nie versucht, eine wichtige handschriftliche Notiz zu entziffern und musste deshalb nachfragen?
Haben Sie schon einmal eine Rund-Mail erhalten mit der Frage »Wer hat das überhaupt bestellt?«
Der Effizienz-Trick für die Beschaffung:
Vor Auslösung einer Bestellung sollten gemeldete Bedarfe im Rahmen eines Freigabeprozesses gründlich überprüft werden, um unkontrollierte Bestellungen zu vermeiden.
Dabei werden zusätzlich auch finanzielle Aspekte wie die Einhaltung von Budgets berücksichtigt. Denn auch hier kann im Handumdrehen eigentlich unnötiger Abstimmungsbedarf entstehen.
Einkaufsliebling: Passende Lieferanten identifizieren
Entscheidend für ein erfolgreiches Projekt im Einkauf ist häufig, wie schnell und treffsicher der »beste« verfügbare Anbieter auf dem Markt identifiziert und wie flexibel und agil auf Veränderungen im Markt reagiert werden kann.
Nur auf Preis, Qualität und Lieferbarkeit des gewünschten Gutes sowie weitere Hardfacts wie Zahlungsbedingungen, Garantien und Haftungsausschlüsse zu achten, reicht nicht mehr aus. Die Gründe für den steigenden Leistungsdruck auf Verantwortliche in Beschaffung und Einkauf sind vielfältig:
- Informations- und Kommunikationsprobleme im operativen Geschäft, strategische Fehleinschätzungen bei der Bedarfsermittlung oder Fehler einzelner Mitarbeitender oder Lieferanten können vor allem globale Lieferketten schlimmstenfalls im Handumdrehen kollabieren lassen.
- Sprachbarrieren oder zusätzliche rechtliche und steuerliche Vorgaben können gerade bei ausländischen Lieferanten den Komplexitätsgrad des Beschaffungsprozesses von der Bestellung bis zum Wareneingang entscheidend erhöhen.
- Aspekte rund um Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung können nicht nur bei internationalen Gütern, Dienstleistungen und Rohwaren ebenfalls eine Rolle spielen, dass aus einem zunächst perfekten Coup im Einkauf ein regelrechtes Desaster wird.
- Informations- und Kommunikationsprobleme im operativen Geschäft, strategische Fehleinschätzungen bei der Bedarfsermittlung oder Fehler einzelner Mitarbeitender oder Lieferanten können vor allem globale Lieferketten schlimmstenfalls im Handumdrehen kollabieren lassen.
- Sprachbarrieren oder zusätzliche rechtliche und steuerliche Vorgaben können gerade bei ausländischen Lieferanten den Komplexitätsgrad des Beschaffungsprozesses von der Bestellung bis zum Wareneingang entscheidend erhöhen.
- Aspekte rund um Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung können nicht nur bei internationalen Gütern, Dienstleistungen und Rohwaren ebenfalls eine Rolle spielen, dass aus einem zunächst perfekten Coup im Einkauf ein regelrechtes Desaster wird.
Doch auch ganz »einfache« Prozessschritte, etwa wie Rechnungen, Lieferscheine und andere Belege an das Unternehmen übermittelt werden, haben mitunter erheblichen Einfluss auf den Gesamtaufwand eines Purchase-to-Pay-Prozesses. Vor allem dann, wenn Informationen aus papierhaften Belegen oder PDF-Anhängen abgetippt und neu geordnet werden müssen. Oder wenn man schließlich vor einem Stapel Ausdrucken sitzt, auf denen das Wichtigste mit Textmarker hervorgehoben wurde.
Einkauf, Beschaffung und Fachabteilungen sollten Hand in Hand arbeiten
Nicht zu vergessen: Auch hier lohnt es sich fast immer, die betroffenen Fachabteilung(en) miteinzubeziehen. Denn nicht nur die präzise Produkt-Spezifikation ist für die Auswahl eines Lieferanten wichtig.
Oft gibt es bereits Erfahrungswerte zu Qualität, Zuverlässigkeit und Service, die bei der Auswahl berücksichtigt werden sollten. Gemeinsam lassen sich teilweise auch Standards definieren, die bei der Verhandlung von besseren Preiskonditionen helfen.
Wie sieht diese Entscheidungsfindung eigentlich in Ihrem Unternehmen aus?
Wie gleichen Sie Hard- und Softfacts unterschiedlicher Anbieter ab und wer sitzt mit am »grünen Tisch«?
Angebote im Beschaffungsprozess einholen
Um Angebote überhaupt objektiv vergleichen zu können, muss sichergestellt werden, dass an alle kontaktierten Lieferanten auch die exakt gleichen Anforderungen wie Spezifikationen, benötigte Mengen, gewünschte Liefertermine etc. gestellt werden. Auch hier stellt sich die Frage, wie strukturiert diese Anforderungen zu potenziellen Lieferanten gelangen. Wird beispielsweise eine E‑Mail versendet, die jemand aufgrund der vorliegenden Informationen individuell verfasst hat? Oder wird auch schnell mal telefoniert? Werden hierbei Prozesse nicht eingehalten, weil es gerade »nicht anders geht«?
Was bedeutet Purchase-to-Pay?
Oft wird die »Beschaffung« bzw. der Beschaffungsprozess mit dem englischen Ausdruck »Purchase to Pay« (P2P) bezeichnet. Das ist – einfach ausgedrückt – der ganze Ablauf vom Einkauf (Purchase) bis hin zur Bezahlung (Pay). Synonyme für P2P sind übrigens z. B. Procure to Pay (P2P) oder Lieferantenzyklus.
Bestellen: Wenn der Einkauf tatsächlich einkauft
Bestellungen können aufgrund von Angeboten, aber auch von Rahmenverträgen oder als Wiederholungsbestellung getätigt werden.
Insofern ist es wichtig, dass man den Überblick über den Fortgang sämtlicher Bestellungen behält, um auf Probleme zeitnah und adäquat reagieren zu können. Mit der guten alten Wiedervorlage-Mappe lässt sich das in den meisten Fällen nicht mehr gewährleisten.
Auch der Wareneingang muss asap über relevante Details wie Art und Umfang einer bevorstehenden Lieferung, Lieferzeitpunkt u. ä. informiert werden.
Bestellungen können aufgrund von Angeboten, aber auch von Rahmenverträgen oder als Wiederholungsbestellung getätigt werden.
Insofern ist es wichtig, dass man den Überblick über den Fortgang sämtlicher Bestellungen behält, um auf Probleme zeitnah und adäquat reagieren zu können. Mit der guten alten Wiedervorlage-Mappe lässt sich das in den meisten Fällen nicht mehr gewährleisten.
Auch der Wareneingang muss asap über relevante Details wie Art und Umfang einer bevorstehenden Lieferung, Lieferzeitpunkt u. ä. informiert werden.
Waren annehmen und prüfen? Ein wichtiger Teilaspekt der Beschaffung!
In der Regel werden heute Informationen wie Lieferantenname, Bestell- und Artikelnummern u. ä. durch das Scannen von Barcodes, QR-Codes oder RFID-Tags im Wareneingang automatisch erfasst.
Doch auch der manuelle Abgleich von Lieferscheinen ist noch immer üblich. Mehr noch: Sogar das gute alte Durchschlagpapier mit handschriftlichen Notizen ist vielerorts ebenfalls noch immer nicht ausgestorben.
Geprüft wird jedoch im Grunde überall auf Vollständigkeit und Konformität mit der Bestellung sowie auf Beschädigungen – ganz gleich, in welchem Format und über welchen Kanal der zugehörige Lieferschein eintrifft.
Doch damit ist es beim Wareneingang natürlich nicht getan. Denn aus dem Lager heraus muss nun die Beschaffung nicht nur über das Eintreffen der Lieferung informiert werden.
Auch falsche, fehlende oder beschädigte Artikel müssen ausgewiesen sein. Das gelingt natürlich nur reibungslos, wenn alle benötigten Informationen zwischen Wareneingang, Lager und dem Einkauf schnell, sicher und möglichst in Echtzeit ausgetauscht werden können – und allen Beteiligten bestenfalls permanent zur Einsicht und Kontrolle zur Verfügung stehen.
Es gibt aber noch mehr: Weitere Informationen rund um die erfolgte Lieferung, wie etwa die Nichteinhaltung eines Lieferzeitfensters, sind genauso relevant. Bei manuellen Abläufen wie dem Weiterleiten von abgearbeiteten Lieferscheinen per Hauspost dehnt sich die Reaktionszeit bei Reklamationen auf mindestens einen Tag aus.
Probleme kommunizieren und klären: In der Beschaffung »überlebenswichtig«
Die Ursachen lieferbedingter Reklamationen können vielfältig sein: Es wurde zu wenig geliefert oder zu viel, eine Ware entspricht nicht der vorgegebenen Qualität oder wurde beschädigt, eine Lieferung ist nicht rechtzeitig eingetroffen u. v. m.
Gerade im Hinblick auf Reklamationen zeigt sich die Service-Qualität von Lieferanten sehr deutlich:
- Wie schnell wird auf die Reklamation oder Rückfragen reagiert?
- Wird die Beanstandung ernstgenommen und adäquat bearbeitet?
- Wird das Problem tatsächlich behoben?
Wie der Lieferant den gewünschten Zustand (wieder)herstellt, ist dabei oft eher zweitrangig. Sei es durch eine Nachlieferung, die Minderung der Rechnungssumme, eine Gutschrift oder einen Preisnachlass bei der nächsten Bestellung.
Ausschlaggebend ist jedoch, wie schnell, effizient und reibungslos das Problem aus der Welt geschafft wird.
Gerade im Hinblick auf Reklamationen zeigt sich die Service-Qualität von Lieferanten sehr deutlich:
- Wie schnell wird auf die Reklamation oder Rückfragen reagiert?
- Wird die Beanstandung ernstgenommen und adäquat bearbeitet?
- Wird das Problem tatsächlich behoben?
Wie der Lieferant den gewünschten Zustand (wieder)herstellt, ist dabei oft eher zweitrangig. Sei es durch eine Nachlieferung, die Minderung der Rechnungssumme, eine Gutschrift oder einen Preisnachlass bei der nächsten Bestellung.
Ausschlaggebend ist jedoch, wie schnell, effizient und reibungslos das Problem aus der Welt geschafft wird.
Einkaufs- und Beschaffungsprozesse sind nur so gut wie das schwächste Glied in der Kette
Ist die Bürokraft des Lieferanten beispielsweise nur von 8 bis 12 Uhr erreichbar und muss die entsprechenden Belege erst einmal suchen gehen? »Ich rufe Sie gleich zurück…« – Oder war die Antwort »ich habe die Ersatzlieferung schon rausgeschickt, sie trifft morgen um 10 Uhr bei Ihnen ein«? Und umgekehrt, wie schnell kann auf Belege im eigenen Unternehmen zugegriffen werden? Musste schon einmal jemand im Archiv nach einem Rahmenvertrag suchen gehen?
Haben Sie Ihre Hausaufgaben gemacht und die Beanstandungen rechtzeitig gemeldet, liegt der Ball auf der anderen Seite des Spielfeldes. Deshalb gilt: Je schneller er aufgenommen und zurückgespielt wird, desto besser für alle Beteiligten.
Zahlungsabwicklung:
Auch noch Teil des Beschaffungsprozesses? Klar!
Um die aus der Bestellung resultierende Forderung auszugleichen, muss zunächst der gesetzlich vorgeschriebene Buchhaltungsbeleg – die Rechnung – eingegangen sein.
In aller Regel durchläuft die Rechnung vor der Zahlung einen (manchmal mehrstufigen) Genehmigungsworkflow. Die verantwortlichen Mitarbeiter:innen bestätigen hier noch einmal die sachliche Richtigkeit bzw. die Übernahme der Budget-/Kostenverantwortung für die jeweilige Rechnung. Dies erfolgt oftmals noch klassisch auf Papier mit Kontierungsstempel und Unterschrift. Und damit verbunden mit dem Risiko, dass Rechnungen lange liegen bleiben oder sogar komplett verschwinden. Kein Wunder, denn ein solcher Workflow verträgt sich schlicht nicht gut mit Urlauben, Krankheitsfällen oder Homeoffice. Vor allem dann nicht, wenn man Skonti zuverlässig nutzen und Mahnungen vermeiden möchte.
Purchase-to-Pay wird täglich komplexer,
muss es aber nicht!
Warum? Dieser Prozess ist geprägt von zahlreichen Schnittstellen. Jeder neue Lieferant, mit dem man keinen Standardprozess abbilden kann, erhöht den Grad an Komplexität um einen weiteren Faktor X.
TIPP: Skizzieren Sie doch »einfach« mal Ihren aktuellen Beschaffungsprozess. Welche Fragen bzw. Aspekte kommen Ihnen da in den Sinn?
Hand in Hand mit Ihren Lieferanten den P2P-Prozess automatisieren: hier erfahren Sie mehr über die P2P-Herausforderungen und wie Sie diese meistern.
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